Dr. M. aus S: Sie hatten mir vor einem Jahr schon ein paar gute Tips zum Praxisumzug gegeben. Jetzt habe ich schöne große Räume und habe 2 Damen kennengelernt, die mir helfen wollen, meine schmerztherapeutische Praxis zum echten Schmerzzentrum zu erweitern.
Dr. Machens: Sie haben sich von den Fähigkeiten der beiden überzeugt?
Dr. M: Ja, die sind wirklich gut. Die eine macht als Entspannungstrainerin Visualisierungsübungen nach Simonton, wobei der Schmerz für den Patienten erst sichtbar und dann immer kleiner wird. Sie hat dafür bisher schon eine eigene Praxis in einer benachbarten Stadt. Darf sie ihre Praxis in meine Räume verlegen?
Dr. Machens: Auf keinen Fall! Sie hat keine Heilpraktikerzulassung, verstößt also bei selbständiger Tätigkeit mit dieser Arbeit gegen das Heilpraktikergesetz. Auch wenn Sie die Tätigkeit als Entspannungstraining oder Beratung und nicht als Therapie bezeichnen, dient sie eindeutig der Linderung von Krankheiten. Und sollte sie einmal Pech haben und macht mit einem Psychotiker eine Visualisierungsübung, bleiben die daraus evt. resultierenden Komplikationen wegen der Empfehlung durch Sie an Ihnen hängen.
Dr. M: Ich als Anästhesist darf aber mit ihr einen Vertrag über freie Mitarbeit in meiner Praxis unter meiner ärztlichen Aufsicht abschließen.
Dr. Machens: Richtig. Sie können fast jede Teilarbeit an qualifiziertes Personal delegieren, wenn Sie es ausreichend intensiv überwachen. Im Vertrag muß die Schweigepflicht und die letztliche medizinische Weisungsbefugnis durch Sie schriftlich fixiert werden. Sie müssen unbedingt | | jeden Patienten kennen, mit dem sie in Ihrer Praxis arbeitet.
Dr. M: Steuerrechtlich ist es aber gut, daß sie eine eigene Präsenz als Unternehmerin mit eigener Telefonnummer und eigenen Investitionen hat.
Dr. Machens: Stimmt. Auch mit allem Aufwand, um den Vorwurf der Scheinselbständigkeit abzuwehren, ist freie Mitarbeit immer noch lukrativer als die angestellte. Bei der Heilpraktikerin, die bei Ihnen chinesische Tuina-Massage, Moxa und Ähnliches machen soll, stellt sich die Frage etwas anders. Diese Dame will ja, wie Sie eingangs sagten, auf jeden Fall ihre Praxis zu Ihnen verlegen.
Dr. M: Ich weiß bereits, daß ich keine Behandlung mit der Heilpraktikerin gleichberechtigt am Kranken durchführen darf.
Dr. Machens: Sie erteilen als Arzt einen Auftrag an eine Mitarbeiterin, die - sozusagen
zufällig - auch Heilpraktikerin ist, oder aber Sie empfehlen eine Heilpraktikerin, die praktischerweise mit ihrer Praxis in Ihren Räumen eingemietet ist.
Dr. M: Dann muß ich nur noch abwarten, wie die Kollegen auf die Präsenz einer Heilpraktikerin reagieren.
Dr. Machens: Genauso, wie sie generell Ihren ganzheitsmedizinischen Ansatz eher ignorieren und nicht verstehen. Ihre Praxis läuft ja bereits jetzt ohne besonderen Marketingaufwand weit überdurchschnittlich, und Ihre Patienten kommen zu 90 % ohne Beteiligung ihrer Hausärzte zu Ihnen. Trotzdem ist es eine zukunftsträchtige Empfehlung, fortlaufend die Hausärzte im Umkreis und deren Einstellung zur Natur- und Ganzheitsmedizin erfassen. Fragen Sie einfach Ihre Patienten! Bleiben Sie dabei, den Kontakt immer mal zu versuchen, ohne dabei zu großen Aufwand zu treiben.
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