Wichtig ist immer der erste Eindruck, den Sie vom Patienten haben und der erste Eindruck, den der Patient von Ihnen hat.
· Schreiben Sie sich den ersten Satz auf, den er äußert!
· Skizzieren Sie Ihren ersten Eindruck: Welches Gefühl löst dieser Mensch in Ihnen aus?
· Wie gut hat er sich vorbereitet, wie arbeitet er mit?
Zum ersten Eindruck des Patienten habe ich andernorts (Ganzheitliches Praxismanagement, Schattauer, 2002) einiges geschrieben, daher nur einige Hinweise: Wie würden Sie den ersten Kontakt zu Ihrer Praxis empfinden? Vermittelt die Praxis Sicherheit, Wärme, Interesse am Kontakt? Dies sind immer wichtiger werdende Bedürfnisse, die bei den meisten Menschen unserer Tage mehr oder weniger unerfüllt bleiben. Also ist dieses emotionale Angebot Teil der Ordnungs- und Basistherapie, die schon beim bloßen Kontakt mit der Praxis einsetzt.
Stellen Sie sich mit Namen vor, wenn für einen Praxisfremden nicht zu 100% klar ist, wer Sie sind (z.B. wenn Assistenten mitarbeiten) und begrüßen Sie den Patienten mit Handschlag. Vermutlich haben Sie einen Standardsatz, mit dem Sie die meisten Gespräche beginnen. Ich empfehle: „Was kann ich für Sie tun?“ Im Gegensatz zu „Was fehlt Ihnen?“ ist da gleich eine kleine, positive Suggestion mit drin.
Gehen Sie niemals davon aus, daß Sie der erste oder einzige Arzt sind, den der Patient aufsucht. Erfragen Sie deshalb immer, was er bisher unternommen hat. Und ganz egal, für wie insuffizient Sie vielleicht die bisherige Therapie halten mögen, fragen Sie immer, was der Grund zum Wechsel, was die spezifische Erwartung gerade an Sie ist. Die Vorbehandler abzuwerten, wertet uns als neuen Arzt nicht auf. Wenn ein neuer Patient sich über die bisherige Therapie beklagt, erkläre ich ihm immer, daß dies die von den Krankenkassen gewünschte Standardtherapie ist (ein Feindbild braucht man halt...). Bedenken Sie, daß der gleiche Patient sich irgendwann bei Ihrem ärgsten Konkurrenten genauso über Sie beklagen wird. Hierzu finden Sie in der Folge über Problempatienten noch einige Tips. Achten Sie auch immer darauf, nicht einen „juristisch gefährlichen Patienten“ (siehe dort) durch Abwertung eines Therapiemißerfolgs zu belasten und weiter zu kränken, so daß er und ein Kollege in wenig heilsame Auseinandersetzungen verwickelt werden.
Wir Ärzte neigen alle (Sie, verehrter Leser, leider nicht ausgenommen – ich übrigens auch nicht) zu der narzißtischen Selbstüberschätzung, | | nur wir persönlich könnten die ideale Therapie finden und durchführen. Dies macht uns für bestimmte Manöver von Patienten besonders vulnerabel. Langjährige Opfer – ein Typ, den Sie alle kennen – kommen so zu vermehrter Zuwendung und entkommen der heilsamen Konfrontation mit den Vorteilen ihrer Schwäche.
Sie sind übrigens nicht verpflichtet, jeden Patienten als Dauerpatienten anzunehmen. Wenn Sie gleich beim ersten Kontakt die Behandlung ablehnen, bleibt dies natürlich sehr intensiv haften. Besser sofort als später – gerade unter Budgetbedingungen. Natürlich gilt dies nicht in dieser Form bei starken Schmerzen oder akuten Notfällen, da müssen Sie erste notwendige Maßnahmen ergreifen. Nutzen Sie eine solche sehr suggestionsgeeignete Gelegenheit unbedingt dafür, unauffällig langfristig wirksame Sätze einzubauen wie „Sie werden die richtige Behandlung finden“ oder noch besser „Sie werden rechtzeitig das Richtige tun“. Möglich ist auch: „Manchmal heilt so etwas ganz schnell von alleine, obwohl es keiner erwartet“. Unheilbare Patienten werden uns in einem späteren Kapitel noch beschäftigen.
Beginnen Sie bei jedem Erstkontakt zumindest mit ein bißchen Therapie. Warten Sie niemals Befunde, Berichte oder irgendwas dergleichen ab, sondern machen Sie immer etwas, das dazu führt, daß der Mensch zumindest ein bißchen gesünder zur Tür hinausgeht. Dies gilt natürlich ganz besonders für akute Beschwerden.
Als Abschlußfrage nach Therapieerläuterung und Terminempfehlung hat sich die Frage sehr bewährt „Ist Ihnen das recht so?“. Sowohl der verbale als auch der körpersprachliche Aspekt der Antwort müssen wahrgenommen und gewürdigt werden! Stimmen beide nicht überein, fragen Sie nach. „Gibt es trotzdem noch irgend etwas, was Sie unzufrieden macht?“ „Sind Sie ganz sicher, daß das so in Ordnung für Sie ist?“
Die Kunst, die richtigen Wiedervorstellungstermine vorzuschlagen, ist ein besonderes Kapitel wert. Für neue Patienten ist anfangs auf jeden Fall ein etwas kürzeres Intervall gut. Sie könnten immer etwas übersehen oder der Patient etwas mißverstanden haben. Vereinbaren Sie zumindest einen Telefonkontakt. Ich persönlich vermeide es, beim ersten Termin über die finanzielle Seite der Behandlung zu sprechen. Beim ersten Gespräch stehen Kontakt und Vertrauen im Vordergrund, die die wesentliche Voraussetzung für Gespräche über Geld darstellen, wie in der nächsten Folge dieser Serie erläutert wird.
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