Praxismanagement
19.03.2024

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Preisfindung in der Medizin

Unter dem Titel "Stachelige Igel" im Deutschen Ärzteblatt erschienen (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=37765)
Ärzte werden nicht nur in immer größerem Umfang in Strukturvertriebe gelockt, Hasenfänger aller Art gehen auch mit dem Köderwort „IGEL“ auf die Jagd und haben anscheinend die Ärzte als Zielgruppe mit nur minimalem wirtschaftlichen Verständnis entdeckt. Hier erläutert Dr.med. Roman Machens – Allgemeinarzt, Unternehmensberater und Vorstand der Ärztegenossenschaft COHED eG – neben den eigentlich selbstverständlichen ethischen die unternehmerischen Voraussetzungen einer fairen Selbstzahlermedizin.


Ein naiver Händler glaubt, daß er reicher wird, wenn er teurer verkauft. Und tatsächlich malen uns Ärzten ökonomisch gebildete Berater gerne Kurven auf, die die mögliche Gewinnsteigerung durch Preiserhöhung für dieselbe Leistung unter sonst konstanten Bedingungen darstellen. Je teurer der Igel verkauft wird, desto reicher der Hase?? Das wäre vielleicht schön – aber es gibt eine Preis – Absatz – Kurve, und die lernen Betriebswirte in den ersten Semestern - und wir Ärzte manchmal spät im Leben.

Manch einer hat schon bemerkt, daß die Nachfrage nach oft etwas sinnlosen Attesten und mehr oder weniger überflüssigen Bescheinigungen zurückgeht, wenn diese auch nur etwas mehr als nichts kosten. Die exakte Korrelation von Preis und verkaufter Menge kann nur empirisch ermittelt werden, es gibt keine Formel dafür. Aber ganz klar ist, dass jeder Verkauf stark sinkt und dann auf exakt Null abfällt, wenn der Preis den Kunden zu hoch wird. Hierbei das Wort „Kunde“ gegen „Patient“ zu ersetzen, ist für Ärzte weit mehr als eine intellektuelle Schwierigkeit. Die Igel-Verkäufer trainieren uns in dieser Denkmöglichkeit - das aber ist auch schon das Einzige Gute, was sie uns antun. Man will uns zu Verkäufern machen, denn Verkäufer brauchen Lieferanten. Der Preis des möglichen, aber geringen und kurzfristigen Einkommensgewinns wäre der Verlust der Identität.

Wir wissen aus der Beobachtung der deutschen Hausfrau im Schlussverkauf, daß jeder Absatz rasant steigt, wenn die Preise nur niedrig genug sind. Wenn Sie die Mode vom letzten Jahr unter Ihren Gestehungskosten abgeben könnten, könnten Sie bis zur Sättigung des Weltmarktes unbegrenzt viel davon verkaufen. Deswegen steigt auch die Nachfrage nach als kostenlos empfundenen Kassenleistungen unbegrenzt weiter, bis der Patient sehr spät irgendwie doch subjektive Kosten verspürt, die ihn abschrecken, seien es Wege- oder Wartezeiten, Zuzahlungen oder Schmerzen bei der Therapie.

Damit sind Anfang und Ende der Preis–Absatz-Kurve skizziert. Schwierig und interessant wird die Kurve in der Mitte, da läuft sie über eine gewisse Strecke fast parallel zur Preisachse – das heißt, es gibt einen Bereich, wo der Absatz konstant bleibt, auch wenn der Preis steigt! In gewissen Grenzen ist den Kunden der Preis des Produktes egal! Kaum zu glauben, aber empirisch nachgewiesen. Damit stellt sich immer wieder neu die Aufgabe, den Verlauf dieser Kurve zu beobachten und die eigene Leistung auf dieser Kurve zu positionieren.

An beiden Enden dieser fast linearen Strecke gibt es natürlich je einen Knick in der Kurve – und da knickt die Arztpraxis oft ein. Verkaufen Sie nämlich so teuer, daß Sie gerade noch Ihren Absatz halten können, dann genügen sehr geringe Schwankungen der Umwelt, z.B. des Einkommens Ihrer Patienten, und Ihr Umsatz stürzt fatal ab. Reine Privatpraxen sind manchmal davon nicht weit weg. An diesem Kurvenende teuer angebotene Selbstzahlerleistungen sind kurzfristige Umsatzrenner, die irgendwann wegbrechen und das Image der Praxis zerstören, wenn sich die Patienten ausgenommen fühlen. Das ist die Gefahr am einen Ende der Preis-Absatz-Kurve.

Und auch der Kurvenknick am anderen Ende kann ganz schön weh tun, da sind Sie so billig, dass Sie bei eigentlich kleinen Schwankungen Ihrer Kosten nach oben die Nachfrage plötzlich auf eigene Kosten bedienen. Reine Kassenpraxen mit hohem Technikeinsatz befinden sich nicht selten gefährlich nahe an diesem Knick. Die Kassenhonorare sind als Gegenleistung für eine definierte, hochwertig erbrachte Leistung meist nicht kostendeckend und dennoch leben viele Kassenärzte nicht schlecht – ein Widerspruch, der das bisherige für den Laien undurchschaubare System der Kassenabrechnung
als Ganzes unglaubwürdig macht. Selbstzahlerleistungen und Privatpatienten müssen im Wege der Mischkalkulation die Kassenmedizin subventionieren – Ausnahmen gibt es.

Eine schon im Artikel über Strukturvertriebe beschriebene, bekannte Positionierung angesichts dieser doppelt geknickten Preis-Absatz-Kurve wählt der Typ des Jahrmarktsschreiers. Typischerweise wählen Verkäufer mit geringer Qualifikation diese Art des Marketing, manchmal sogar mit prima Ware. Aber bevorzugt minderwertige Produkte werden so vertrieben. Der Jahrmarktverkäufer preist die absolut einmalige besondere Gelegenheit an, weckt kurzfristige Begehrlichkeit und ist dann weg. Er muss sich sehr anstrengen, um angesichts seiner hohen Preise seine Produkte zu verkaufen und kann sich bei derselben Kundengruppe nicht so bald wieder sehen lassen. Wünschen wir allen, allen Berufkollegen, daß sie sich niemals gezwungen fühlen, so zu arbeiten; es verschleißt die Kräfte ganz enorm und frustriert auf Dauer die Kunden/Patienten. Jeder Arzt, der so arbeitet, schadet sich und seinen Berufskollegen, weil der Mensch instinktiv ahnt, dass er betrogen wird. Das hindert ihn bekanntlich nicht daran, auf dem Jahrmarkt einzukaufen, aber er verachtet den Jahrmarktsverkäufer – und das wäre in der Heilkunst für beide Partner fatal.

Vertrauen und Heilerfolge leben von emotionaler Bindung und sterben mit Angst und Aggression. Insofern darf der Austausch von Geld gegen Leistung niemals eine emotionale Bedeutung in der Arztpraxis oder Klinik gewinnen. Vielmehr muss sich der Patient bei uns Ärzten mit gutem Recht so geborgen fühlen, daß beide Partner offen und entspannt und wirklich nebenbei über das Honorar für die Behandlung sprechen können.

Meine Empfehlung für Ärzte, die eigene Position im oberen Abschnitt mit relativ hohen Preisen – aber bewusst nicht den höchstmöglichen - bei konstantem Absatz zu definieren, führt uns auf den uralten Typ des eingesessenen Handelsherrn als
• zuverlässigen langfristigen Partner, dessen
• Angebot vital wichtige Urbedürfnisse erfüllt, und bei dem
• wegen der konstant guten zuverlässigen Leistung
• (fast) nicht nach dem Preis dieser Leistung gefragt wird, und
• der auch kaum jemals unterboten wird.

Damit sei einerseits gesagt, daß die bisherigen Kassenhonorare lächerlich gering und damit unmoralisch sind, andererseits aber auch, daß sehr viele häufig gemachte Igel-Angebote ihr Geld nicht wert und damit unternehmerisch ungeschickt und falsch sind! Alle ärztlichen Kollegen sind aufgerufen, hier wieder auf langfristige Stabilität statt auf das schnelle Geld zu setzen. Ein guter Arzt muss viel Geld verdienen, sonst wird er irgendwann ein schlechter Arzt – diese alte Volksweisheit bedeutet, daß wir alle viel bessere Qualität liefern müssen – gerade bei den Selbstzahlerleistungen. Qualität meine ich im Sinne des Beziehungsaufbaus, der persönlichen Bindung des Patienten und vor allem der Begleitung durch Lebenskrisen, für die niemand anders als wir Ärzte das Handwerkszeug und die ethischen Voraussetzungen hat! Lassen wir uns diese Einmaligkeit unseres Berufs nicht von Kassen, Verkäufern oder Medienvertretern kaputtmachen, sondern kämpfen wir gemeinsam dafür, daß die Berufung des Heilers und Begleiters wieder in den Mittelpunkt des ärztlichen Wirkens und der Heilkunst rückt. Sonst besteht die Gefahr, daß unsere Patienten mit Igel-Angeboten überschwemmt sich von den Ärzten zurückziehen und anfangen, Vergleiche zu Kosmetikern, Masseuren, Heilpraktikern oder Sektenangeboten zu ziehen, die alle preisgünstiger sind! Sobald die Leistung und die Glaubwürdigkeit nicht mehr einzigartig sind, nützt uns die ärztliche Qualifikation wirtschaftlich gesehen nichts, und es beginnt der ruinöse Vergleich über den Preis.



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